Eine neue Serie geht bei Berufung Mami an den Start und ich bin überglücklich darüber, da wir so die Möglichkeit haben, uns alle besser kennen zu lernen. Wir sind eine Community von Selbstbetreuern, die mutig (so kann man das ja heutzutage schon nennen) dazu stehen, ihr Kind / ihre Kinder selbst zu betreuen. Der Gegenwind da draußen ist teils stark und mancher von uns hadert mit seiner Entscheidung. So lernen wir uns untereinander zum einen besser kennen und zum anderen geben wir denen Kraft, die manchmal denken, dann lieber doch den Weg zu gehen, den alle gehen. Hauptsache, die Diskutiererei hört auf…
Diese neue Interview-Serie lebt davon, dass Du mitmachst. Schreib mich einfach an oder hinterlasse einen Kommentar hier unten.
Und nun kommen wir zu unserem ersten Interview der Serie „Selbstbetreuer erzählen“. Die liebe Sabine, die meinen Blog schon eine Weile begleitet, teilt ihre Geschichte mit uns. Ich danke Dir dafür, meine Liebe!
Erzähl uns etwas von Dir und Deiner Familie
Mein Name ist Sabine, ich bin 31 Jahre alt und ich habe eine 21 Monate alte Tochter namens Mieke. Ich lebe mit meinem Freund, Miekes Papa, im schönen Süddeutschland. Wir reisen sehr viel und gerne, da uns die Familienzeit abseits des Alltags unglaublich wichtig ist und wir gerne Neues kennenlernen.
Mieke ist ein fröhliches, abenteuerlustiges und offenes Kind, geht gerne auf andere Menschen zu und zaubert jedem mit ihrer Art ein Lächeln ins Gesicht. Sie ist ein sehr empathisches und hilfsbereites Kind und ich genieße unseren Alltag jeden Tag aufs Neue.
Ich wünsche mir auf jeden Fall Geschwister für meinen Wirbelwind, mal sehen was die Zukunft bringt. 😉
Ihr betreut euer Kind selbst. War das schon immer klar, dass ihr diesen Weg gehen werdet? Falls nicht, was war der Auslöser zum Umdenken?
Nein, das war eigentlich ganz und gar nicht klar. Ich hatte vor meiner Schwangerschaft den fixen Plan, dass meine Tochter mit einem Jahr in die Fremdbetreuung geht und ich am besten wieder Vollzeit arbeiten kann. Ich beantragte jedoch sicherheitshalber 2 Jahre Elternzeit.
Und dann kam alles anders!
Meine Tochter kam als Frühchen in der 34. SSW per Notsectio zur Welt. Eine Erfahrung, die alles veränderte. Da war sie nun, mein kleiner Krümel, viel zu früh, viel zu zart, und in mir entbrannte eine Liebe, die ich nicht in Worte fassen kann. Ich war bereit, alles für mein Mädchen zu geben und so kämpften wir uns durch die ersten Wochen, durch Höhen und Tiefen. Schon da kamen mir erste Zweifel an meinem ursprünglichen Plan. Ich hatte tief in mir drin dieses unfassbar starke Gefühl, dass ich meine Tochter bei mir haben möchte.
16 Monate lang blieb das so, dass Mieke nur bei mir war, bis ich das Gefühl hatte, sie ab und an für wenige Stunden zu meiner Mutter geben zu können. Ich sah, wie sehr Mieke ihre Oma-Zeit genoss und war glücklich, ihr und mir die Zeit gegeben und gewartet zu haben bis wir alle bereit waren. Ich handelte die ganze Zeit rein intuitiv, erst mit der Zeit setzte ich mich immer mehr mit Themen wie bedürfnisorientiertes Zusammenleben, unerzogen und auch mit der frühen Fremdbetreuung auseinander.
Zu unserem ursprünglichen Bauchgefühl kam jetzt auch einiges an Wissen, sodass für mich und meinen Partner relativ schnell klar wurde, dass wir unsere Tochter U3 auf keinen Fall fremdbetreuen lassen.
Aus welchen Gründen betreut ihr selbst?
Das hat sowohl emotionale Gründe, als auch Gründe, die auf rein wissenschaftlichen Fakten beruhen. Die Wissenschaft hat in mehreren repräsentativen Studien mehr als deutlich gemacht, dass eine frühkindliche Fremdbetreuung in vielen Bereichen negativen Einfluss nimmt, sei es der Verlust des Urvertrauens und den damit einhergehenden Folgen, die vermehrte Ausschüttung von Cortisol als Reaktion auf den stressigen Kita-Alltag, um nur zwei der vielen Beispiele zu nennen. Das will ich für mein Kind nicht!
Mein Mutterinstinkt sagt mir einfach: Mein Kind gehört zu mir, denn niemand auf der ganzen Welt kann mein Kind besser verstehen, spüren und begleiten, als ich das kann, gerade in dieser Phase, in der es sich noch nicht richtig mitteilen kann.
Darüber hinaus finde ich, dass Systeme (Kindergarten / Schule) früh genug in das Leben der Kinder treten und ich bin nicht bereit mein Kind in dieser entscheidenden Lebensphase an ein solches System abzugeben.
Was liebst Du besonders daran, Dein Kind selbst zu betreuen?
Ich liebe es, jeden Entwicklungsschritt meiner Tochter erleben und begleiten zu dürfen.
Ich liebe es, dass wir jeden Tag so gestalten können wie wir wollen und ich ihr die Freiräume geben kann, die sie braucht.
Ich liebe es, dass ich ihr die Zeit schenken kann, sich mit den Dingen, die sie gerade interessieren, so lange zu beschäftigen wie sie es möchte.
Ich liebe es, dass ich es ihr ermöglichen kann selbstbestimmt über Zeiten fürs Essen oder schlafen oder sonst etwas zu entscheiden.
Ich liebe es, dass meine Tochter keine Erwartungen eines Wertesystems erfüllen muss, welches nicht unseres ist.
Ich liebe es, dass ich ihr die Möglichkeit geben kann, den Tagesablauf an ihren Rhythmus anpassen zu können.
Ich liebe es, dass ich ihr einen bedürfnisorientierten Umgang ermöglichen und ganz individuell auf sie eingehen kann.
Ich liebe es, dass ich Konfliktsituationen mit ihr auf Augenhöhe lösen kann.
Ich liebe es, dass meine Tochter komplett in den Alltag integriert ist und wir einfach alles gemeinsam erledigen können.
Gibt es auch Sorgen, die Du diesbezüglich hast?
Nein. Ich muss ehrlich sagen, dass sich dieser Weg zu 100% richtig anfühlt und ich daher völlig sorgenfrei in die Zukunft blicke.
Wie könnt ihr euch die Selbstbetreuung leisten? Was ist euer persönliches Geheimnis? Hast Du einen ultimativen Tipp für uns?
Also zum einen hatte ich einen guten Job bevor ich schwanger wurde und konnte mir ein kleines finanzielles Polster aufbauen. Das war ursprünglich für andere Dinge gedacht aber in was könnte ich sinnvoller investieren, als in Zeit mit meinem Kind?!
Zusätzlich gehe ich seit Mieke 1.5 Jahre alt ist einmal die Woche ein paar Stunden arbeiten, um etwas dazu zu verdienen.
Zum anderen haben wir unser Leben natürlich dem „neuen“ Weg angepasst. Wir haben unsere Ansprüche heruntergeschraubt, jedoch ohne dabei auf etwas zu verzichten. Statt ein Einfamilienhaus haben wir eine kleine 3-Zimmer-Wohnung. Der Urlaub ist keine 5-Sterne-All-inclusiv-Fernreise, sondern Camping, was ich persönlich die tollste Art finde, Urlaub mit Kind zu machen. Obst und Gemüse kaufen wir saisonal und beim Rest achten wir auf Angebote. Ich denke, es gibt zahlreiche Möglichkeiten im Alltag seine Kosten zu minimieren.
Ich denke auch, das Geheimnis liegt darin, dass man glücklich ist mit dem was man tut. Denn dann fühlt es sich nicht nach Entbehrung sondern nach Bereicherung an.
Wie wichtig ist Dir Zeit für Dich selbst und wie ermöglichst Du Dir diese?
Also ich muss ehrlich sagen, dass ich zu den Menschen gehöre, die nicht sonderlich viel Zeit für sich brauchen.
Meine Tochter war schon immer eine gute Schläferin, dadurch habe ich abends Zeit für mich, meinen Partner, Freunde oder auch mal für den Haushalt. Das ist für meinen Bedarf an „Freizeit“ absolut ausreichend.
Von wem bekommst Du Unterstützung im Alltag? Oder schaffst Du alles alleine?
Also die meiste Unterstützung bekomme ich von meinem Partner, der natürlich versucht mir im Alltag unter die Arme zu greifen, was durch seine Schichtarbeit ganz prima klappt. Auch auf meine Eltern ist immer Verlass wenn ich mal Hilfe benötige.
Ich fühle mich sehr gesegnet mit dieser Unterstützung. Denn sie ermöglicht es mir gerade, mein Leben und das meiner Tochter so zu gestalten, wie wir es gerne möchten und das macht mich unglaublich glücklich.
Möchtest Du zum Abschluss noch etwas zu unseren Lesern sagen?
Ja, sehr gerne. Vor langer Zeit las ich ein Zitat und ich fand es so wunderbar, dass es sich nicht nur in meinem Kopf festsetzte, sondern in mein Herz einbrannte. Leider weiß ich nicht mehr, von wem es ist.
„Das einzige was ich jemals bereuen werde wenn ich sterbe, ist die Zeit, die ich nicht mit meinen Kindern verbracht habe.“
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine wunderbare Zeit mit unseren Kindern, denn unser Alltag ist ihre Kindheit. ♡
Willst auch Du Deine Geschichte mit uns teilen und sichtbar werden auf meinem Blog? Dann hinterlasse einfach unter diesem Interview einen Kommentar und ich werde mich mit Dir in Verbindung setzen. So lernen wir alle uns mehr und mehr kennen. Ich freue mich sehr auf Dich!
Ihr Lieben, ich bin gerade in Elternzeit, doch mein Zuverdienst wird verrechnet. Das wird im nächsten Jahr mit ALGII nicht besser. Wie konntet ihr denn dazuverdienen, ohne Abzüge zu haben? Die Bürokratie dazu ist ebenfalls sehr abschreckend. Was sind Eure Erfahrungen? Habt ihr Tipps? Es fühlt sich so richtig an, das Maximum an Elternzeit mit meinen Kindern zu verbringen. Aber aktuell sehe ich noch keinen klaren Weg für meinen Traum. Liebe Grüße Yvonne <3
Es tut mir immer wieder gut auch von anderen Selbstbetreuern zu lesen -und so lese ich schon eine ganze Zeit diesen Blog und lese mir daraus immer mal wieder auch Kraft an, denn den Gegenwind in der „Welt da draußen“ 😉 empfinde ich häufig als ganz schön rau. Nicht immer läuft alles glatt …
Ich finde die Idee dieser Interviews einfach super!
Liebe Grüße
Liebe Monica, das freut mich sehr. Wenn Du magst, mach doch bei unserer Reihe „Selbstbetreuer erzählen“ mit und mache so auch anderen Eltern Mut. 🙂 Viele liebe Grüße, Deine Jenn
Ich habe nicht viel gelesen. Aber vielleicht hilft eine Leihomi. Oder jemand anderes, der gerne ehrenamtlich helfen will…?
Und ich finde den Austausch und das regelmäßige Zusammensein mit Gleichgesinnten als immens wichtig. Ohne das kann ich mir das leben gar nicht mehr vorstellen. Das gibt Kraft, schafft Unterstützung und entlastet. Wenn es nichts in deiner Nähe gibt, Gründe etwas. Und wenn du nicht bei Facebook bist, melde dich an. Bei all den möglichen Nachteilen, ist doch das Netzwerken dort einfach wie nirgends sonst.
Alles Gute für dich <3
Hallo Karo, es erscheint mir als eine zusätzliche Belastung nicht „gesellschaftskonform“ zu sein.
Wenn das so ist, dann stimmt in unserer Gesellschaft was nicht. Von der Politik und den Medien werden fortlaufend Menschenrechte und Freiheit gepredigt. Gilt das nur für andere?
Ich meine, wir müssen uns alle auf Demokratie besinnen und unsere Rechte einfordern.
Aus meiner Sicht gehört dazu, dass wir einiges für die zukünftige Gesellschaft durch unsere Kinder leisten.
Ich bin Großvater. Unsere Söhne sind erfolgreich. Wo kommt das her?
Ich bin mir bewusst, dass Mütter den größten Anteil an diesem Erfolg haben.
Schon allein ihre Liebe ist besonders wertvoll. Daran kann man erkennen, dass ich mir darüber bewusst bin, geliebt geworden zu sein.
Was wir brauchen, ist die nötige Anerkennung. Sie gibt uns Kraft. Last uns das öffentlich darstellen.
Hallo Jennifer, ich brauche dringend einen Austausch mit Gleichgesinnten, da ich sonst durch den gesellschaftlichen Druck einknicke…
Liebe Karo, magst Du uns erzählen, was genau Dich so bedrückt? Und etwas über Dich, wie alt ist Dein Kind / sind Deine Kinder etc. Dann können wir Dir besser helfen! <3 Du bist nicht alleine. Wir kennen das! Deine Jenn
Geldsorgen, Ehestress, Druck von außen, die Kinder in den Kindergarten zu stecken und (sozialversicherungspflichtig) arbeiten gehen. Meine Kinder sind 14, 5 und 3. Und der 5-jährige ist irgendwie sehr fordernd. Bei uns ist es meistens wahnsinnig laut, wir haben nicht viel Platz. Und im Moment bin ich mit meinen Kräften ziemlich am Ende. Ich gehe nicht viel unter Leute, weil ich diese Fragen nach dem Kindergarten wahnsinnig anstrengend finde. Die Mirjam (s.o.) wirkte im Interview trotz der vielen Kinder so entspannt. Ich fühle mich total gestresst und der Beziehung zu meinem Mann tut diese Familiensituation auch nicht gut. Ich empfinde, meinen nicht gesellschaftskonformen Lebenswandel sooo anstrengend, aber will meine Prinzipien auch nicht aufgeben. Ich fühle mich alleine und bin politik-verdrossen.
Liebe Karo, nicht immer ist die Selbstbetreuung auch die Erfüllung und der richtige Weg für die ganze Familie. Ich finde es vor allem wichtig, die ersten 3 Jahre für die Kinder voll und ganz da zu sein. Wenn Du am Ende zusammenbrichst, ist keinem geholfen. Ich weiß im Übrigen, wovon ich spreche. Kommunizieren denn Deine Kinder klar, dass sie nicht in den Kiga wollen und lieber bei Dir zu Hause sein wollen? Der Rat, Dir Hilfe von außen zu suchen (der berühmte Clan) ist Dir vermutlich nicht neu? Die Kommentare von anderen können Dir wohl am Allerwertesten vorbeigehen, aber wenn Du selbst leidest, sollte eine Lösung her. Du könntest alternativ auch wieder arbeiten und für die Betreuungszeiten eine Nanny / Kinderfrau engagieren. Meine Freundin macht das so und es klappt super. So kannst Du den unschlagbaren Betreuungsschlüssel von 1:2 beibehalten. 😉
Ihr anderen, die ihre Kinder (meiner ist ja erst 2 1/2) nicht im Kiga betreuen lassen, wie macht ihr das? Habt ihr einen Rat für Karo?
Liebe Karo,
seien wir mal ehrlich, wir sind alle nur Menschen und das macht das Leben so abwechslungsreich und schön aber manchmal eben auch anstrengend und kompliziert. Um mal alle rosa Wolken zu vertreiben, ich bin bei weitem nicht immer entspannt, ich kann auch sehr genervt sein. Aber ich versuche dann (meistens…), einmal kurz durchzuatmen und mir bewusst zu machen, dass es meine Entscheidung ist, mich zu ärgern oder nicht. Ich kann meine Gefühle nicht einfach unterdrücken, mag sein, dass es welche können aber ich muss wenigstens kurz meinen Ärger raus lassen, da kann ja jeder seine eigene (am besten die anderen nicht in Mitleidenschaft ziehende) Strategie entwickeln.
Mich zum Beispiel stört es nicht, dass ich sozial und gesellschaftlich für andere isoliert erscheine aber da ist jeder anders und da wird es auch nie einen allgemeinen Rat geben…
Mit dem Krach, tja, wir haben eine Vereinbarung, da wir draußen so viel Platz haben, werden Fange-Spiele ohne Kompromiss nach draußen verlegt, dort sind wir sowieso fast den ganzen Sommer…
Für meinen Mann und mich war von Anfang an klar, dass unsere Kleinen zu Hause bleiben, von daher gab es da keine Differenzen…aber wenn Du magst, kannst Du mir auch (am besten über meine Website) eine Mail schreiben, dann können wir in Kontakt bleiben und zusammen versuchen, Lösungen zu finden!
Alles Liebe Dir, verzweifel nicht! Du macht einen unbezahlbaren Job als Mama, halte Dir das immer wieder vor Augen!
Super Idee, Jenn! Schön, dass wir immer mehr werden, die gegen den Strom schwimmen und aus eigener Erfahrung meine ich behaupten zu können, dass unser Einsatz sich lohnt! WIrklich klasse Initiative, um gegenseitig mut zu machen und zu zeigen, dass wir doch gar nicht so die Ausnahme sind!
Ich freue mich auch schon auf viele weitere Einblicke in eure Familienleben. Ziemlich spannende Sache. 😀 Wer mitmachen will, bitte bei mir melden!! <3