Ein neues spannendes Interview aus der Serie „Selbstbetreuer erzählen“ wartet heute auf uns. Mirjam ist Mami von sage und schreibe 10 Kindern. Wie sie das schafft, worauf es ihr im Leben ankommt und weshalb sie selbst betreut, erfährst Du hier. Hab vielen lieben Dank, liebe Mirjam, für die Einblicke in euer Familienleben. 🙂

Liebe Mirjam, erzähl uns etwas von Dir und Deiner Großfamilie

Ich bin Mirjam, 38 Jahre alt und glücklich verheiratet (mit dem weltbesten Mann natürlich! 😉) Gemeinsam sind wir Eltern von 4 Söhnen, 6 Töchtern und 4 kleinen Himmelskindern, welche uns viel zu früh wieder verlassen haben, ohne, dass wir sie je richtig kennen lernen, ihre Gesichtchen betrachten, sie in den Armen wiegen konnten. Unsere Jüngste ist 2 Jahre und unser Ältester ist 19 Jahre alt. Eigentlich denke ich immer, dass wir eine völlig normale Familie sind, jedenfalls fühlt es sich für uns so an, doch wenn ich manche Blicke, Kommentare… bedenke, sind wir wahrscheinlich doch etwas anders. 😉 Ich schätze an unserer Familie besonders den Zusammenhalt und empfinde das als unbezahlbar wertvoll. Wir (er)leben das meiste gemeinsam, auch wenn weitere Ausflüge äußerst selten sind, da wir erstens nicht alle in ein Auto passen würden und 2. weil wir (wenn auch inzwischen viel weniger) Tiere haben, welche versorgt werden wollen. Aber wir haben ein riesiges Grundstück und sind auch eher die sesshaften Menschen.

Wen mag es wundern (ich tue es doch gelegentlich), dass wir als Eltern mit den verschiedensten Charakteren leben dürfen. Es ist manchmal schon erstaunlich, wie verschieden Geschwister sein können, aber auch unheimlich bereichernd und lehrreich. Doch so unterschiedlich wir auch sind, würden wir alle weiteren Familienmitglieder in unserer Mitte mit liebenden, offenen Armen willkommen heißen! Unsere 2.-jüngste (4) sagte neulich: „Ach, Mama, ich wünsche mir so sehr wieder ein Baby!“ Über die darauffolgende Erklärung musste ich breit grinsen. Vielleicht sollte ich zur Erläuterung hinzufügen, dass unsere Jüngste windelfrei aufwächst und zu dieser Zeit gerade öfter mal einfach auf den Boden pullerte. Jedenfalls war ihre Begründung, dass kleine Babys regelmäßig von den Eltern aufs Klo gebracht werden und da rein machen anstatt auf den Boden. 😀

 

Ihr betreut eure Kinder selbst. War das schon immer klar, dass ihr diesen Weg gehen werdet? Falls nicht, was war der Auslöser zum Umdenken?

Eigentlich haben wir darüber gar nicht explizit geredet und doch war von Anfang an klar, dass ich zu Hause bleibe, bis sie in die Schule kommen, obwohl ich auch damals schon dachte, dass es sehr schade wäre, dass in Deutschland nicht die Möglichkeit des Homeschoolings besteht… aber Kindergarten war nie ein Thema.

 

Aus welchen Gründen betreut ihr selbst?

Ich habe nie darüber nachgedacht, warum. Wahrscheinlich erschien es mir nicht passend, Mama zu sein und doch die meiste Zeit nicht mit meinen Kleinen zusammen zu sein… Nachdem jedoch unsere beiden Ältesten 2 bzw. 3 Jahre in der Schule waren, kann ich sagen, dass ein Grund definitiv die Flexibilität wäre. Für uns war es wie eine Befreiung, als wir auf Homeschooling umgestiegen sind, welches sich inzwischen zu sehr freiem Lernen entwickelt hat. Wir wurden endlich nicht mehr gelebt, sondern lebten wieder…

 

Was liebst Du besonders daran, Deine Kinder selbst zu betreuen?

Ich liebe es, diese sprudelnde Lebensenergie um mich herum zu haben (ja, manchmal beschränke ich es innerhalb des Hauses), zu sehen, wie diese Menschlein auf der Wiese tollen, sich gegenseitig inspirieren, miteinander oder auch mal ganz allein Spaß und immer wieder neue Ideen haben. Auch finde ich es einfach schön, flexibel zu sein und nach unserem Rhythmus leben zu können. Ich lerne so gern von ihrer Unkompliziertheit und Unvoreingenommenheit.

 

Gibt es auch Sorgen, die Du diesbezüglich hast?

Nein, ich hatte noch nie Bedenken in Richtung Sozialisation oder dergleichen und ich glaube auch nicht, dass jemand bei uns vereinsamt. Wir leben jetzt und was morgen ist, wird sich ergeben. Ich glaube, ich bräuchte einige Anstöße von außen und viel Nachdenkzeit, wenn ich Sorgen finden wollte. 😉

 

Wie könnt ihr euch die Selbstbetreuung leisten? Was ist euer persönliches Geheimnis? Hast Du einen ultimativen Tipp für uns?

Auch ein Punkt, über den wir weder geredet noch nachgedacht haben: Können wir uns Selbstbetreuung leisten? Wir haben unsere Prioritäten gesetzt und dann einfach gelebt. Wir haben nie durchgerechnet. Wir leben einfach, bei uns wird die Kleidung weitergereicht, bis es nicht mehr geht. Wir machen vieles selbst und haben einen Garten, außerdem sind wir die meiste Zeit barfuß, das spart auch schon mal Geld. Der einzige Luxus, welchen wir uns leisten, ist, dass wir biologische Nahrungsmittel und Kleidung kaufen. Wir fahren eigentlich nie in den Urlaub und Ausflüge, welche für uns richtig viel Geld kosten (was relativ zu sehen ist), sind äußerst selten und werden dann meist überwiegend von den (Ur-)Großeltern gesponsert (zum Beispiel Schwimmbad-Besuch, Museum…)

Es ist eigentlich die Regel, dass wir von einem Lohn zum anderen gerade so reichen und selten mal helfen die Großeltern mit einer kleinen Gabe aus, wenn es gar nicht reicht. Wir sind alle ziemlich genügsam und ich finde, dass es auch durchaus lehrreich und prägend für jeden ist, wenn man sich eben nicht alles sofort leisten und kaufen kann. Unsere Kleinen besitzen/brauchen nicht viel Spielzeug und die Großen haben auch keine großen Ansprüche, sie haben ihren gemeinsamen Rechner und jeder sein Tablet. Wir gehen auch nicht aus oder essen (wäre mir viel zu anstrengend) und so sparen wir an vielen Dingen.

 

Wie wichtig ist Dir Zeit für Dich selbst und wie ermöglichst Du Dir diese?

Da ich Hobbys habe, welche ich gut in den Familien-Alltag integrieren kann (stricken, häkeln, nähen, lesen, Garten), brauche ich keine Zeit nur für mich. Ich ziehe mich eigentlich nicht zurück, sondern sage höchstens, dass ich mal einen Moment zum Durchschnaufen brauche, aber das kann ich auch mitten im Alltag. Manchmal, wenn ich schlechte Laune habe, bitte ich darum, den Geräuschpegel zu regulieren und ich genieße es auch, mit meinem Mann mal 5 Minuten reden zu können. Aber da die Türen immer offen sind, ist das keine wirkliche Zurückgezogenheit. Ich kann mich sehr gut entspannen, wenn neben mir die Kleinen alle eingeschlafen sind, das reicht mir vollkommen als Ruhepol.

 

Von wem bekommst Du Unterstützung im Alltag? Oder schaffst Du alles alleine?

Leider wohnen unsere Familien weit weg und so machen wir ALLES allein, aber jeder hilft mit und bringt sich ein und so muss ich doch nicht alles alleine machen. Manche Tage ist die Mithilfe größer, manches Mal weniger groß, aber von außen habe ich keine Hilfe. Meine modernen Mägde sind der Geschirrspüler und die Waschmaschine. Eine Zeit lang hatten wir keinen Geschirrspüler, weil wir uns keinen leisten konnten, da war der Alltag schon hart, alles noch mit der Hand abzuwaschen. So bin ich meiner Oma heute noch dankbar für das Geschenk des Geschirrspülers.

 

Möchtest Du zum Abschluss noch etwas zu unseren Lesern sagen?

Genieße den Augenblick, die Zeit vergeht so schnell und dann ist das kleine Baby von heute schon ein Teenager und dann schon bald volljährig. Eine gute Bindung ermöglicht, dass der Heranwachsende starke Wurzeln ausbilden kann, um dann Flügel zu bekommen und zu fliegen. Ich denke, dass für solch eine Bindung eine feste Bezugs- und Vertrauensperson gerade in den ersten Lebensjahren wichtig ist. Nachher ist es zu spät, dann kann man nur noch bereuen aber die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Zu Hause zu bleiben bei dem kleinen Menschlein muss kein Verzicht sein. Wenn man es richtig angeht, ist es ein riesiger Gewinn für alle, auch wenn man vielleicht auf dieses oder jenes verzichten muss.

P.S. In sehr unregelmäßigen Abständen (wie oft habe ich mir schon vorgenommen, disziplinierter zu schreiben aber es gibt immer mindestens hundert Dinge, die wichtiger scheinen 😉 )schreibe ich Beiträge zu Themen, die mich (unsere Familie) bewegen auf unserem Blog Familie(n)leben, wenn Du magst, schau doch mal vorbei, gern kannst Du mir auch schreiben.

Wenn Du auch mitmachen willst schreib einfach ne Mail an jenn@berufungmami.de, dann schick ich Dir die Fragen zu. 😀

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