Wisst ihr, was mich nachdenklich macht?

Gerade sind mein Sohn und ich mit der Straßenbahn an 3 Nachhilfe-Institutionen vorbeigefahren. Alle sehr dicht beieinander. Alle auf einer einzigen Straße lokalisiert.

Da das Angebot immer von der Nachfrage bestimmt wird, scheint es also Bedarf zu geben. Warum? Vermutlich, weil viele Schüler in der Schule nicht die Leistung erbringen, die die Gesellschaft von ihnen erwartet. Schon die Kleinsten müssen funktionieren. Ob sie das Zeug lernen wollen oder nicht spielt keine Rolle. Sie werden nicht gefragt.

Was mir auch sofort in den Sinn kam, ist die Überforderung, mit der wir unsere Kinder überschütten. Sie dürfen gar nicht mehr Kind sein. Sie müssen still sitzen, aufmerksam sein, am Unterricht aktiv teilnehmen. Sie werden mit Lernstoff zugebombt und befinden sich kurz vor dem Burn-out, weil die Massen nicht zu be- und verarbeiten sind.

Wie kommen wir auch dazu, unsere Kinder (von Fremden) dermaßen bewerten zu lassen? Was wird ihnen denn mitgegeben? Das sie faul, dumm oder schlecht sind? Weil sie keine Differentialgleichungen beherrschen oder nicht den Plusquamperfekt Indikativ von laufen bilden können?  Was das mit dem Selbstbewusstsein eines Menschen macht, darauf muss ich wohl nicht näher eingehen.

Ganz ehrlich? Ich mache mir große Sorgen um unser aller Zukunft. Das sind die Erwachsenen von morgen, die keine Zeit hatten, darüber nachzudenken, was ihnen wirklich Spaß macht! Was sie im und vom Leben wollen und erwarten und auch, wer sie wirklich sind. Sie werden auf den Arbeitsmarkt geworfen und sollen da weiter funktionieren.

Auszeiten? Na, also, wie sieht denn das im Lebenslauf aus, da ist ja dann eine Lücke…

Was macht das mit unserer zukünftigen Gesellschaft?

Denken wir ernsthaft, dass die Lösung für die schlechte Leistung darin zu finden ist, das Leben unserer lieben Kleinen weiter zu beschleunigen? Oder ist nicht eher hinhören und hinschauen angesagt? Was braucht mein Kind? Grundsätzlich, aber auch von mir oder uns als Eltern.

Ganztagsschule, Hausaufgaben, Nachhilfe. So sieht der Alltag vieler Schüler heutzutage aus. Wo bleibt Zeit für Hobbys? Für Langeweile? Für die Sinnsuche?

Da stehen sie nun. Die Schulabsolventen. Und haben keinen Plan. Das, was sie gelernt haben, ist zum Großteil weg, (spätestens wenige Jahre nach dem Abschluss) und was sie interessiert wissen sie auch oft nicht.

Vielversprechend, oder? 😉

Und jetzt stellt euch vor, es gäbe eine Möglichkeit, wie sich unsere Kinder ganz frei entwickeln und entfalten könnten. Sie wüssten genau, was sie wollen, denn sie haben genug Zeit, sich mit ihren Wünschen und Träumen auseinanderzusetzen. Sie haben die Zeit, das zu lernen, was sie spannend finden und gehen darin auf. Sie entwickeln ihr volles Potential. Ist es nicht das, was sich jeder für seine Kinder wünscht?

Kinder wollen lernen. Jedes Kind will das. Aber wie wir wissen, lernt man doch am besten und einfachsten das, was einen interessiert. Dem einen liegen die Naturwissenschaften, der andere ist sprachbegabt, der dritte musisch und der vierte sportlich. In der heutigen Zeit ist es kein Problem mehr, sich die Dinge selbst beizubringen. Das Lernfeld Internet bietet alles, was man sich nur vorstellen kann. Von Farsi-Kursen über Gitarre lernen bis hin zu Golftipps.

Klingt das nicht toll? In Freiheit leben?

Und wenn ich jetzt gedanklich wieder zurückgehe zu dem Gefängnis namens Schule, in dem unsere Kinder aufwachsen (MÜSSEN), zieht sich mein Magen zusammen. Wenn ich mir vorstelle, wie mein Kind immer kleiner und kleiner wird in seiner Sitzbank, weil er überfordert ist. Weil es zu laut und zu viel ist und es einfach gar nicht seinem Lebensplan entspricht, sich so stark anpassen zu müssen.

Oje, es triggert mich. Ich war ein solches Kind.

Ich rufe dazu auf, dass wir uns Gedanken darüber machen, wohin es führt, wenn wir immer nur hinterhertrotten. „Es ist halt so. Hier gibt es die Schulpflicht. Da kann man nichts machen. Da mussten wir alle durch.“

Echt jetzt?

Warum nicht nachdenken und im weiteren Verlauf umdenken?

Warum alles akzeptieren, weil es ja immer schon so war?

Warum ja sagen, weil es alle so machen?

Das bringt uns nicht weiter!

Ich bin überzeugt davon, wenn sich genug Eltern gegen das wehren, was hier passiert, wird sich eine Wende abzeichnen. Wenn wir allerdings den Kopf in den Sand stecken, so nach dem Motto: „Was kann ich alleine schon bewegen?“, dann wird sich sicher nichts verändern.

Veränderung ist gut. Nebenbei erwähnt.

Um den Kritikern zuvorzukommen: Ich bin natürlich nicht die erste, die solche Gedanken hegt. Die Schulfrei-Bewegung („Schulfrei Verein“) kann sich vor Interessenten aktuell nicht retten.

Ich bin mit sehr vielen Familien vernetzt, die sich sogar aus Deutschland abgemeldet haben, um ihren Kindern ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, also vor der Schulpflicht „geflüchtet“ sind.

Das ist ein Zeichen, ihr Lieben. Es kann so nicht weitergehen. Wir machen die Kinder kaputt und somit die zukünftige Gesellschaft. Wir brauchen wieder Menschen, die stabil im Leben stehen, die wissen, was sie wollen und was nicht. Keine systemtreuen Zuchtkaninchen!

Und jetzt interessiert mich total, wie ihr darüber denkt. Wie geht es euren Kindern in der Schule? Fühlen sie sich wohl? Oder gibt es immer wieder Probleme, sei es mangelnde „Anpassungsfähigkeit“ oder schlechte Noten? Oder…

Falls sie noch nicht in der Schule sind, wie geht es euch bei dem Gedanken daran? Lebt ihr kindergartenfrei und spielt mit dem Gedanken, das auf die Schulzeit auszudehnen?

Ich weiß, dies ist ein heikles Thema. Lasst uns darüber ins Gespräch kommen. Erzählt eure Geschichte in den Kommentaren, gleich hier drunter. Gerne auch anonym, wenn euch das lieber ist. Ich freue mich darauf. Danke für euren Input!

 

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