Das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ von Annette Kast-Zahn gehört für mich auf die Liste der Bücher, die endlich verboten werden sollten!!
In der Buchbeschreibung wird propagiert, wie Eltern ihre Kinder zu liebevollen und konsequenten Schläfern erziehen können.
Nun, von liebevollem Begleiten kann hier überhaupt nicht die Rede sein.
Von Konsequenz schon!
Das Ziel soll also sein, das eigene Kind so schnell wie möglich zum Alleine-Einschlafen und vor allem Durchschlafen zu bewegen. Hierzu gibt es einen Ein- und Durchschlaf-Plan. Einen Plan? Wie unnatürlich ist das denn?
Beiläufig erwähnt: Wusstest Du, dass nicht mal wir Erwachsenen durchschlafen? KEIN Mensch schläft durch. Niemand. Nicht ich und auch nicht Du. Und erst Recht nicht unsere Kinder!
Die sogenannte Ferber-Methode rät dazu, das Kind so lange schreien zu lassen, bis es von alleine einschläft bzw. wieder einschläft.
In einer Rezension zu dem Buch las ich: „…Aber aus dem Zimmer zu gehen und sein Kind so lange schreien zu lassen, bis es einschläft kam mir irgendwie grausam und unnatürlich vor.“
Das kommt einem nicht nur so vor, das IST es auch!!
Betrachten wir das Ganze doch mal aus evolutionärer Sicht:
Das Kind alleine zurückzulassen bedeutete seinen sicheren Tod, Frau Kast-Zahn!
Es braucht Mama und Papa!
Was geht also in einem Kind vor, abgesehen davon, dass es nicht überlebt?
Alles ist zunächst still um das Kind herum. Keiner mehr da. Mama ist weg. Das Kind bekommt Angst. Es sucht, es weint, es schreit. Keiner scheint es zu hören. Denn es kommt keine Reaktion. Die Angst, die Mutter nie wieder zu sehen, ist übermächtig und lähmt das kleine Geschöpf. PANIK macht sich breit. Ohnmächtig schreit das Kind um sein Leben. Erst, wenn es an dem Punkt ist, aufzugeben, hört es auf.
Das ist verdammt noch mal kein Fortschritt, wenn unser Kind nicht mehr weint!!!
Es zeigt einfach nur auf, dass es nicht mehr daran glaubt, Hilfe zu bekommen. Instinktiv hört es auf zu schreien, um nicht Opfer von wilden Tieren zu werden. Erschöpft schläft es schließlich ein.
Beim Schreiben dieses Textes habe ich Gänsehaut bekommen. Mein Hals ist ganz dick. Ich spüre, wie Tränen in mir hochsteigen. Es schaudert mich, wenn ich darüber nachdenke, was dieses Buch in den letzten 20 Jahren schon angerichtet hat, und wie viele Kinder wohl mit ihren Hilferufen ignoriert wurden.
Schlaflosen, müden Eltern wird hier eine vermeintliche Lösung angedient, die nur dazu führt, das Kind mit seinen ureigenen Bedürfnissen nach Schutz zu ignorieren.
Stattdessen sollte man Eltern vermitteln, dass es ganz normal ist, dass Kinder nachts oft wach werden. Dass es vielen Eltern so geht. Und dass JEDES Kind irgendwann selbst lernt, alleine ein- und durchzuschlafen.
Wichtig ist zudem noch: Jedes Kind ist anders. Es gibt keinen ultimativen Plan, der für alle funktioniert.
Nun muss ich offen zugeben, Du hast es sicher schon bemerkt, dass mich dieses Thema enorm triggert. Und das hat auch einen Grund, und natürlich habe ich auch dazu eine persönliche Geschichte:
Meine eigene.
Mir selbst ist nämlich genau das passiert. Meine Mutter (handelte natürlich nach bestem Wissen und Gewissen) erzählte mir immer wieder ganz stolz, dass ich so viel gebrüllt habe als Baby, dass sie irgendwann nicht mehr konnte und mich einen halben Tag hat schreien lassen. Danach habe ich das nie wieder getan.
Soweit so traurig.
Ich habe gelernt, dass ich in meinen Bedürfnissen ignoriert werde und diese nicht ernst genommen werden. Ich habe also resigniert.
Sicherlich ist das einer der Gründe, warum ich auf das Weinen meines eigenen Sohnes IMMER reagier(t)e. Unvorstellbar, ihn länger als nötig schreien zu lassen. Da kommt wohl jedes Mal meine eigene Geschichte hoch, die im Unterbewusstsein immer da sein wird. Wenn mein Sohn abends noch einmal wach wird, und das Baby-Phone anspringt, renne ich zu ihm, als ginge es um Leben und Tod. Tut es ja irgendwie auch.
Im ersten Lebensjahr wird im Übrigen das Urvertrauen eines Menschen gebildet und geprägt. Wird das Schreien ignoriert, ist dieses Urvertrauen Zeit seines Lebens gestört. Ich weiß, wovon ich hier rede.
Fazit: Das Buch ist einzig und alleine zum Anfeuern des Kamines geeignet. Bitte unterstütze Frau Kast-Zahn nicht, indem Du es kaufst. Nicht mal auf dem Flohmarkt. Ich kann nur hoffen, dass Du es dort sowieso nicht findest, weil das einer Empfehlung gleich käme.
PS: Unser Sohn ist 19 Monate alt und weit davon entfernt, die Nächte durchzuschlafen.
Auch, wenn ich oft müde bin: Das darf sein, denn es ist ja eh schon so. 😉
Hallo Jenniffer,
Ich bin so froh über deinen Artikel – Schlaftraining mit kontrolliertem Schreien lassen ist für mich ein no go. Es geht garnicht. Meinem Gefühl nach ist es seelische Grausamkeit, die dem Kind dabei zugeführt wird und nur weil etwas funktioniert ist es für mich noch lange keine Rechtfertigung dafür, es auch tun zu müssen.
Dennoch kann ich Eltern in ihrer Verzweiflung verstehen, die irgendwie nach einer Methode suchen. Elizabeth Pantleys „Schlafen statt schreien“ hatte mir und meiner damaligen Frau sehr geholfen, unser erstes Kind zum Schlafen zu bewegen. Zwar gibt es all diese Tipps auch im Internet nachzulesen und wer sich gute Gedanken zum Schlaf macht, kommt auch von alleine vielleicht drauf – dennoch ist es meines Erachtens eine sehr gute Zusammenstellung von Möglichkeiten, die kleinen Lieblinge zum Schlafen zu bringen.
Und dann bekomme ich wieder einen Schreck, wenn ich lesen muss, dass in Australien in unserer Zeit noch Untersuchungen gemacht werden mit der Methode des Kontrollierten Schreienlassens. Da finde ich die Analyse von Herbert Renz-Polster sehr gut: http://blog.kinder-verstehen.de/schlaftrainings-sind-unbedenklich/
Liebe Grüße
Sebastian
Lieber Sebastian, gruselige Vorstellung, was da in der Studie vermeintlich herausgefunden wurde. Ich sage immer: Schau, wer diese Studie in Auftrag gegeben hat! Dann weißt Du meist schon von selbst, ob Du dieser Glaube schenken solltest oder eben nicht. Gut, dass es Fachmänner wie Rentz-Polster gibt, die gegensteuern. Eben das war auch mein Ziel mit dem Artikel. Danke, dass auch Du dazu beiträgst! Deine Jenniffer
Hallo Jeniffer,
ich freue mich sehr, dass du über dieses Buch hier schreibst und Mütter damit hoffentlich zum Nachdenken anregst.
Das Buch gibt es ja schon ewig und ich höre trotzdem immer wieder von jungen Müttern, dass ihnen dies empfohlen wurde, was ich wirklich sehr traurig finde. Allerdings wissen viele einfach nichts von Urvertrauen, Resignation bei Babys usw. und folgen dann diesen „Experten“-Tipps; wenn dann vielleicht auch noch die eigene Mutter oder befreundete Eltern ähnliches von sich geben, wird dann auch nicht mehr großartig hinterfragt.
Zum Glück findet man mittlerweile aber viele Gegenstimmen und immer mehr junge Eltern, die wieder mehr auf ihr Bauchgefühl hören wollen und sich intensiv mit Bindung und Beziehung auseinandersetzen.
Liebe Grüße
Steffi
Liebe Steffi, dafür bin ich auch sehr dankbar und jede Mami, die ich hier erreichen kann, und deren Kind „artgerecht“ aufwachsen darf, ist ein Schritt in eine glücklichere, friedvollere Gesellschaft. Ich danke Dir für Deine Worte! Deine Jenniffer
Liebe Jenniffer, ich kann Dir nur zustimmen! Ich habe schon so oft von diesem Buch gehört und ich finde diese Methode grausam und herzlos. Besonders schlimm ist es, wenn ich beiläufig mitbekomme, wie Eltern die Methode angewendet haben und diese auch noch weiterempfehlen…ganz nach dem Motto: die ersten Tage sind hart, aber danach ist endlich Ruhe! Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das für Wunden bei den Kindern hinterlässt….
Liebe Erika, jede Mami, die ich mit diesem Artikel zum Nachdenken anrege und vor allem zum Umdenken ist ein Weg in die richtige Richtung! Danke, dass Du uns an Deinen Gedanken teilhaben lässt. Alles Liebe, Deine Jenniffer