Nadine von der Ökofamilie schreibt in einem ihrer letzten Blogposts über den (wünschenswerten) liebevollen Umgang mit unseren Kindern. Hier ein Ausschnitt:
„[…] Es ist so frustrierend, zu sehen und zu lesen, wie wir mit unseren Kindern, die wir doch für gewöhnlich über alle Maße hinaus lieben, umgegangen wird. Das geht einfach NICHT. Vieles kann man irgendwie nachvollziehen, man selbst strahlt auch nicht immer völlige Ruhe und Zufriedenheit aus. Unsere Kinder sind aber von Grund auf glückliche, gefühlvolle und vor allem liebevolle Wesen. […]“
In der Tat sehe ich, genau wie Nadine, so viele lieblose Eltern da draußen, überfordert oder gelangweilt von Zeit mit ihren Kindern.
Und dann machen wir es uns zusätzlich schwer, indem wir ihnen ständig unsere Sicht der Dinge als das Optimum verkaufen wollen.
Soll ich Dir mal was sagen?
Ich hab´s ausprobiert. Ist mir zu anstrengend!
Auf das Kind einzugehen und seine Bedürfnisse zu (be)achten, ist für alle Seiten deutlich entspannter, als wenn ich mein Ding (komme was wolle) durchziehe.
Mal ehrlich: Funktioniert doch eh nicht. Das ist ja auch der Grund, warum es so tierisch anstrengend ist! Und wenn mein Kind merkt, dass ich ihm zuhöre, ihn (an)erkenne in seinem Sein und in seiner Art, die Dinge zu sehen, ist auch gleich die Bindung deutlich besser.
Ich meine DEUTLICH besser.
Zum Thema „Das geht einfach nicht“ kann ich Dir eine Geschichte erzählen, die jüngst heute am Wasserspielplatz passiert ist.
Okay, die Ausgangssituation habe ich nicht mitbekommen.
Aber das, was dann kam, sehr wohl:
Eine Mutter geht äußerst aggressiv auf ihre Tochter los. Diese steht im Wasserbecken und weint. Die Mutter packt sie an den Armen und zerrt sie an den Rand. Dort schreit sie sie an. Vor allen Leuten.
Das Mädchen sitzt nur da und weint. Sie hört gar nicht mehr auf. Die Mutter scheint es kalt zu lassen, dass ihre Tochter völlig verzweifelt ist. Sie macht weiter. Und dann geht sie einfach weg und lässt die Kleine alleine zurück.
Also:
Die Mutter schreit zunächst, dann ignoriert sie die Tochter und anschließend bestraft sie sie noch mit Trennung.
Das alles ist Gewalt!
Schlimmeres kann man einem kleinen Kind nicht antun!
Das Mädchen schreit nun lautlos, hat den Mund weit offen, es kommt kein Ton heraus. Die Tränen laufen in Bächen über ihre Wangen. Die Seele schreit. Die pure Angst steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Egal, was vorher vorgefallen ist: Es gibt KEINE Rechtfertigung, so mit einem Kind umzugehen!!
Ich sehe das alles und habe einen dicken Kloß im Hals.
Emil zugewandt, der gerade stillt, sage ich: „Sollte ich Dich jemals so anschreien, darfst Du mir eine Ohrfeige geben, damit ich daran erinnert werde, dass man so nicht miteinander umgeht!“
Nicht unter Erwachsenen, aber auch nicht mit Kindern.
Denn warum sollten wir da einen Unterschied machen??
Respekt verdienen ALLE! Ob groß oder klein!
Später sucht die Maus die Nähe ihrer Mutter. Klar, sie ist abhängig von ihr. Sie ist darauf angewiesen, dass sie sie versorgt mit allem, was sie braucht. Und die Mutter? Nutzt diese Abhängigkeit schamlos aus.
Du erkennst Dich vielleicht gerade wieder? Dann hinterfrage, was der Auslöser für solche Wutausbrüche ist. Ist es wirklich Dein Kind in dem Moment? Oder ärgerst Du Dich über etwas oder jemand anderen und Dein Kind bekommt diesen Ärger ab? Bist Du überfordert, bräuchtest dringend mal Zeit für Dich?
Was auch immer bei Dir zutrifft: Es gibt eine Lösung dafür.
Das Kind anzuschreien ist jedenfalls NIEMALS die Lösung!
All diese Gefühle dürfen da sein, aber Dein Kind darf nicht zum Ventil werden.
Denn was tun wir den Kinderseelen damit an? Ich will gar nicht darüber nachdenken!
Fazit: Wir sind alle nicht frei von Fehl. Ich genauso wenig. Doch wenn Du Dich hier erkennst, such Dir bitte Hilfe, vertraue Dich jemandem an. Wenn Du es willst, kannst Du Dein Verhalten verändern. Ich glaube an Dich!
Nachtrag: Ja, ich weiß, dass eine Ohrfeige auch Gewalt ist. Es geht mir bei diesem Beispiel darum, aufzuzeigen, dass psychische Gewalt genauso schlimm ist wie physische, auch wenn in diesem Fall nicht das Jugendamt vor der Tür steht.
Ich habe nicht alle Kommentare gelesen. Die Gedanken oben kann ich gut nachvollziehen.
Wir lieben unsere Kinder, aber warum oder wozu kommt es vor dass wir sie anschreien.
Ich habe dazu nur eine Schlussfolgerung:
Wir wollen das eigentlich nicht. Wir sind im Stress und das anschreien ist Ausdruck einer Überforderung. Damit will ich nichts über die Fähigkeiten von Eltern sagen. Es geht eher darum, wie es der amerikanische Psychologe Thomas Gordon schon vor etwa 50 Jahren formuliert hat: „Elternwerden beschuldigt, aber nicht geschult.“
Ich habe mit seiner Familienkonferenz in einem Kurs und in einem Arbeitskreis mindestens 2 Jahre geübt und dabei viel gelernt. Mir ist aufgefallen, dass es schon sehr heftige Probleme geben kann, bei denen auch ich nicht weiter wusste. Das ist eine äußerst unbefriedigende Situatuin besonders für Mütter, Ich habe Verständnis dafür gewonnen.
Wenn man Kindern helfen will, muss man zuerst und zuförderst Eltern helfen und das noch in empathischer Weise.
Das ist wirklich Arbeit.
Bin eine junge Mutter( 28)von 2 Kindern, 1 und 7 Jahre. Ich bemühe mich außerordentlich meine 2 Goldstücke gewaltfrei zu erziehen. Leider gelange ich manchmal an meine grenzen, was meine Tochter/ 7 betrifft. Ich werde von meiner Wut gepackt und bruelle sie regelrecht an, und am allerwenigsten mag ich mich wenn mir meine Hand ausrutscht und ich körperliche Gewalt ihr gegenüber anwenden um sie zu „erziehen“ weil sich mein inneres Kind mit all seinen Ängsten und Prägungen nicht anders zu helfen weiß im Affekt. Ich kann dieses verhalten nicht entschuldigen aber erklären. Ich bin hypersensibel und wurde jahrelang gemeinsam mit meinen 2 Brüdern von unserer narzitischen Mutter seelisch missbraucht.Anschliessend ging es mit der entwertung meinerseits in einer beziehung zu einem Narzissten ( vater beider kinder )weiter.Angesichts dieser Tatsachen bin ich sehr dankbar für mein Bewusstsein dass ich in bezug auf die Verantwortung gegenüber meinen Kindern habe. Ich bin Alleinerziehrin und habe so gut wie keine Entlastung. Ich kann allzugut nachempfinden warum Eltern immer wieder aufgrund von Überforderung und eigener schlechter Kindheitserfahrungen gewaltvoll gegenüber ihren Kindern agieren. Zum Glück beschränkt sich die Anwendung von Gewalt in der Erziehung meiner Tochter auf 10 prozent , also seltene Ausnahmen. Mein Ziel jedoch ist die absolut geweiltfreie Erziehung. Ich habe sehr gute Freundinnen die mich dabei unterstützen und mich motivieren indem sie mir sagen was für ein toller Mensch ich bin und was für eine gute Mutter. Ich wünsche mir und allen denen es aehnlich geht, ganz viel innere Ruhe und Gelassenheit um an den Punkt zu gelangen, von dem weg unsere Kinder keine einzige minute mehr durch Gewalt unseresseits leiden. Danke auch für die Motivation durch diese Seite. Dadurch wird mein Bewusstsein positiv gestärkt.
Hallo Maria,
Deine Geschichte hört sich wirklich schlimm an. Gut, dass Du dir dieses Ziel setzt. Es ist völlig klar, es gehört sehr viel dazu, auch an Selbstbeherrschung, aber es sind unsere Kinder und wir dürfen sie nicht der selben misslichen Lage aussetzen, in der wir mal gesteckt haben.
Du bist auf dem richtigen Weg und Selbstreflektion ist ein ganz wichtiger Punkt um nicht nur für Deine Kinder, sondern auch für Dich selbst ein besserer Mensch zu werden und Deiner Vergangenheit zu entwachsen. Von daher erlaube auch ich mir mal das Urteil: Du bist eine gute Mutter und Du schaffst das!!!
Das wichtigste ist, aktiv an sich selbst zu arbeiten, jeden Tag. Ich merke es nirgends so wie bei (meinen) Kindern. Wer viel Liebe gibt, wird viel Liebe erfahren.
In diesem Sinne eine gute Nacht!
Thomas
Liebe Maria, ich schließe mich Thomas gerne an: In dem Moment, in dem Du hinterfragst woher Dein Verhalten kommt und in Frage stellst, ob das die richtige Methode ist, bist Du den wichtigsten Schritt bereits gegangen. Bravo! Es ist sicher kein leichter Weg aus den alten Mustern zu entfliehen, ich weiß es aus eigenen Erfahrungen. Auch ich habe immer wieder meine Themen, wenn auch nicht die Aggression. Um in den Wroten aus meinem Manifest zu sprechen: Du bist sicher nicht perfekt, aber Du bist immer für Deine Kinder da! In diesem Sinne: realisieren, anpacken, umsetzen. Du schaffst das! <3 Alles Liebe, Deine Jenniffer
Hallo Jennifer,
Schlimme Situation die du da schilderst. Das geht wirklich nicht. Was ich mich allerdings frage: Was hast du gesagt oder getan in der Situation? Hast du die Mutter konfrontiert? Hast du das Kind getröstet? Das finde ich nämlich auch einen ganz wichtigen Aspekt, dass man Zivilcourage zeigt und in solch Momenten eingreift, wenn man hautnah dabei ist. So lernt das Kind nämlich zumindest, dass das Verhalten der Mutter nicht o. k. und nicht normal ist …Lg Anja
Liebe Anja, ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ich bin ehrlich gesagt in solchen Situationen immer so perplex, dass ich wie versteinert da sitze. Es haben noch weitere Kinder um die besagte Mutter herumgestanden und sie war auch nicht die einzige erwachsende Person dort. Sich in eine solche Situation einzumischen, bedarf einer ganzen Menge Mut. Darf ich Dich fragen, was Du getan und/oder gesagt hättest an meiner Stelle?
Zivilcourage sollte man immer zeigen. Das Problem ist, dass viele Leute nicht wissen, wie man mit so einer Situation umgeht. Ich habe ähnliche Situationen auch schon erlebt und muss zu meiner Schande eingestehen, dass ich bis jetzt noch nicht aktiv geworden bin, außer einmal, als ein Vater gegenüber seinem Sohn (schätzte ihn auf 4) extrem handgreiflich geworden ist. Das ich im ruhigen Ton versucht habe die Situation zu entschärfen hat aber genau das Gegenteil bewirkt. Das ging soweit, dass die Polizei von anderen Passanten gerufen wurden, weil der Vater auch nicht mehr aufgehört hat rumzuschreien und mit Prügel zu drohen, auch wenn sein Sohn nicht mehr das Ziel war, sondern ich.
In letzter Zeit war ich allerdings auch nicht mehr Zeuge von so einem Vorfall, auch nicht von verbaler Gewalt.
Wenn es eine rein verbale Gewalt ist, würde ich versuchen auf die Eltern einzugehen und Verständnis zu zeigen, da sie sonst direkt in eine Abwehrhaltung gehen und keine konstruktive Kritik an sich ran lassen. Gleichzeitig muss man aber auch vermitteln können, was die Eltern da gerade machen und bei dem Kind verursachen. Das dürfte vielen nicht bewusst sein.
Lieber Thomas, da hat sich die Wut des Vaters wohl auf Dich übertragen. Keine einfache Situation. Würdest Du trotzdem beim nächsten Mal wieder eingreifen? Du hast Recht, man sollte Verständnis für die Eltern zeigen, denn sonst machen sie direkt zu und reagieren u.U. wie der Vater in Deinem Beispiel.
Hallo zusammen….
Leider schreie ich meine kleine Bohne 3J an….meistens macht sie Unfug ???????? d.h. Sie nimmt etwas auseinander, macht ne überschwemmung etc. alles nützt nichts! Habs versucht mit lieb „schau mal was du da gemacht hast, jetzt putzen wir das gemeinsam“ mit ruhigem Ton etc. Seit 1 1/2J testet sie meine Grenzen, die ich auch auf Anraten meiner Erziehungsberatung gelockert hab…sie versucht wirklich alles Tag für Tag, natürlich schreie ich sie nicht immer an. Hab mich auch bei ihr entschuldigt und gesagt dass Mami das noch etwas lernen muss. Mein Grosser 4 1/2J ist das pure Gegenteil….man kann halt wirklich keines vergleichen, die sind einzigartig ????
Ich mache drei mal die Woche Sport/Joggen…meist aufem Laufband früh morgens. Geh 40% arbeiten (zwei mal am Abend da ist dann mein Mann zu Hause, Freitags ne gute Kollegin–ihre Kinder sind im selben Alter)
Hat mir jemand noch ein Tipp wegen meiner Bohne?
Diese Phase geht auch irgendwann vorbei, hätte ich jetzt beinah gesagt, aber 1 1/2 Jahre ist schon ziemlich lang!! Wie experimentierfreudig oder „tollpatschig“ sind denn ihre Vorbilder? Ahmt sie euch oder Andere damit nach? Könntet ihr ihre Experimentierfreudigkeit in geordnete Bahnen lenken (mit perlen, puzzeln, bauen, fitzelspielen, Handarbeit oder Zaubersand/Knete, Hörspielen, fremdsprachigen Lerninhalten etc pp.)?? Einfach mal Spiel-/Experimentierzeug der höhreren Altersstufe anbieten, vielleicht ist sie schlicht unterfordert.
Liebe Andrea, kann das vielleicht ein Aufmerksamkeits-Thema sein? Schimpfen ist ja auch eine Form von Aufmerksamkeit. Wenn sie weiß, dass sie sie so von Dir bekommt, wenn sie Unfug macht?!
Liebe Jennifer,
statt der Ohrfeige (Gewaaaaaalt!!), die dir dein Sohn geben soll, wenn du dich ihm gegenüber nicht adäquat verhältst, würde ich ihm lieber einen Herzschlüssel anbieten: https://www.youtube.com/watch?v=B4XK-8uSbVk Das ist dann nämlich auch gewaltfrei für dich. Schön, oder?
Und ich hab mir ja vorgenommen, großen Leuten, die kleinen Gewalt antun, Hilfe anzubieten. Irgendwas. „Ich kann die nasse Kleidung über meinen Hackenporsche hängen, da trocknet sie schnell. Würde Ihnen das helfen?“
Oder sie einfach anzusprechen. Empathisch am besten. „Sind sie gerade total gestresst, weil ihr Kind sich komplett nass gemacht hat und sie keine Wechselkleidung dabei haben?“
Und die Kinder anzusprechen. „Boa, das tut im Herzen weh, wenn die Mama so schreit, was? Bist du jetzt ganz erschrocken? Kann ja mal passieren, dass die Klamotten nass werden..“
Viele Grüße schickt dir Eva.
Hallo liebe Eva, herzlichen Dank für Deinen tollen Kommentar. Du hast natürlich Recht damit, dass Gewalt niemals eine Lösung ist, was auch Gewalt des Kindes gegen die Eltern betrifft. 😉 Was ich damit ausdrücken wollte, ist, dass ich meinem Sohn gestatten würde, Gleiches mit Gleichem zu „vergelten“. Denn psychische Gewalt ist genauso schlimm wie physische. Wenn nicht fast noch schlimmer…
Deine Beispiele finde ich super. Damit machst Du die Welt aktiv ein wenig friedvoller. Hut ab, dass Du Dir das zutraust!
Dein Fan
Jenniffer
Hallo liebe Jenniffer:)
Danke für Verlinkung 🙂 – und dafür, dass du dieses Thema aufgreifst. Es ist so schlimm mittlerweile, wir haben die letzten Tage wieder einiges erlebt, von dem ich nicht dachte, dass das möglich ist 🙁 So viel Unmut und Gewalt den Kindern gegenüber! Dabei können sie doch nichts dafür!
Alles liebe,
Deine Nadine
Liebe Nadine, wichtig ist meiner Meinung nach, den Müttern aufzuzeigen, dass sie nicht schuld sind, sondern ggf. selbst Opfer von psychischer Gewalt in der Kindheit wurden, und daher so handeln, weil sie es nicht anders gelernt haben. Das Bewusstsein zu erlangen, dass es auch anders geht ist der erste Schritt. Wir sollten den Mamis Mut machen und sie nicht verurteilen. Auch wenn man schnell dabei ist, sie zu kritisieren, weil sie so hart wirken. Dabei sind es oftmals selbst gebrochene Seelen. 🙁 Ein trauriges Thema. Ich höre derzeit gerade ein Hörbuch zu dem Thema: „Dein inneres Kind will Heimat finden“. Sehr empfehlenswert! Deine Jenniffer
Liebe Jennifer, ich erkenne mich im Moment darin wieder. Zwar lasse ich das sonnenkind nie allein, nehme sie danach meist sofort in den Arm, tröste, entschuldige und erkläre mich, aber ich schreie.
Sie übergeht meine Grenzen, obwohl ich ihr sage was ich möchte/brauche und auch was ich von ihr möchte. Schreien ist das einzige, was hilft, um ihr zu verdeutlichen, das sie gerade eine Grenze überschreitet. D.h ich schrei weil mein Bedürfnis nicht anerkannt wird und weil ich mich derzeit Komplet überfordert fühle und n Pause brauche.
Sie bleibt nirgends ohne mich und nach mir verlangt sie permanent. Hast du einen Tipp oder Rat oder einfach nur liebe aufbauende Worte?!
Liebe Charlene, wow, wie mutig von Dir, das hier öffentlich zu machen. Vielen Dank für Dein Vertrauen, Charlene!
Wie alt ist Deine Tochter denn? Ich kann Dich sehr gut verstehen, das ist total anstrengend. Kleinkinder testen ihre Grenzen aus. Sie sind noch nicht in der Lage, sich empathisch in andere (Kinder oder Erwachsene) einzufühlen, das kommt erst später. Jedoch bin ich davon überzeugt, dass Kleinkinder merken, wenn Du autenthisch bist. Also wenn Du ihr signalisierst, das Du gerade nicht mehr kannst.
Hast Du versucht, bevor Du etwas von ihr willst, die „Bindung zu aktivieren“, wie Gordon Neufeld es nennt? Augenkontakt, Lächeln und irgendetwas machen, das ihr ein Nicken entlockt. Dann seid ihr verbunden. Wenn Du dann äußerst, was Du willst, sollte es klappen. Magst Du es mal ausprobieren?
Mir geht es manchmal so, dass ich statt zu schreien eigentlich weinen möchte. Ist das bei Dir auch so? Die Wut kann durch Tränen hinausgespült werden, das ist meine Erfahrung.
Emil gehört übrigens auch nicht zu den Kindern, die anderen Menschen vertrauen. Es braucht viel, um sein Freund zu werden. Aber weißt Du, grundsätzlich spricht das für eine gute Bindung zu Dir, denn sonst würde sich Deine Tochter nach einer anderen Person umschauen, an die sie sich binden kann. Sie muss ja überleben. Und wenn sie Zweifel daran hat, dass sie das bei Dir kann, wird sie sich umorientieren. Das tut sie aber nicht. Also ist noch alles offen. 🙂
Du kannst das Ruder immer noch rumreißen. Versuch doch auch mal Folgendes: Wenn Du merkst, dass Du wieder schimpfen willst, gehe aus der Situation raus. Jetzt kommt es natürlich wieder drauf an, wie alt Deine Tochter ist. Ist sie noch jung, solltest Du in Sichtweite bleiben, ist sie schon älter erkläre ihr, dass Du gerade am Limit bist, einen Moment durchatmen musst und dann gleich wieder bei ihr bist. Ich hatte neulich selbst eine solche Situation: Meine Nerven lagen blank und ich merkte, dass ich wütend wurde. Statt zu schreien ging ich auf den Balkon, von wo aus ich Emil noch sehen konnte. Dort atmete ich 10 Mal tief durch. Das hat mir schon sehr geholfen. Danach konnte ich deutlich ruhiger mit ihm sprechen.
Abgesehen davon: Versuche Dir ein Netzwerk an Menschen aufzubauen, die Du häufiger siehst und denen Du Dein Kind anvertrauen würdest. Starte eine Art Eingewöhnung. Du bist immer dabei anfangs, gib ihr alle Zeit, die sie braucht. Wenn Du meinst, es geht, dass Du für ein paar Minuten rausgehst, versuche das. Geht es noch nicht, geh direkt zurück zu ihr und nimmm sie in den Arm. Versuche das immer wieder, ohne Druck, bis es von alleine und selbstverständlich klappt.
Lass mich gerne wissen, wie es bei euch läuft. Ich drücke Dich in Gedanken. Einsicht ist der erste Schritt, Charlene! Du schaffst das!
Ich freue mich, wieder von Dir zu hören.
Alles Liebe
Deine Jenniffer
Liebe Charlene,
ich kann es dir so nachempfinden, das glaubst Du nicht. Ich arbeite von zu Hause aus und meine Frau ist halbtags zu Hause. Aber mein Beruf ist sehr stressig und dann noch die Kids betreuen, während meine Frau weg ist…
Du bist nicht allein! Was mir hilft ist Sport, Sport, Sport. So richtig auspowern am Ende des Tages oder auch mal früh morgens. Ich jogge regelmäßig und manchmal renne ich am Ende meiner Runde so schnell ich kann, bis ich nicht mehr kann. Manchmal gehe ich auch ins Studio und verprügel den Boxsack.
Irgendwie muss dieser Stress raus und bei mir gehts gut durch Bewegung.
Liebe Grüße,
Thomas
Ein super Tipp, Thomas! Wenn ich das so lese merke ich, dass mir Sport auch ziemlich fehlt. Sollte mal schauen, inwiefern ich das mit Emil verbinden kann…
Eines ist sicher, solche Situationen brennen sich in das Gedächtnis des Kindes ein und werden das Verhalten des Kindes maßgeblich prägen. Sei es psychische oder physische Gewalt, das macht keinen Unterschied. In jedem Fall kann man sehr viel Schaden mit so einem Verhalten anrichten.
Da wünscht man sich Stressbewältigungsseminare für Eltern, denn die sind manchmal einfach hoffnungslos überfordert.
Lieber Michael, vielen Dank für Deinen Kommentar. Es ist immer schön, neue Leser auf unserer Seite begrüßen zu dürfen. 🙂 Ich bin auch der Überzeugung, dass das Kind, sollte es häufiger vorkommen, daran zerbricht. Zumindest, wenn es hochsensibel ist. Und folgender Spruch sagt dann auch schon alles: „It´s easier to built strong children than to repair broken men“ – Frederick Douglass.
Durch so ein Ausraster der Eltern, wird dem Kind ja das Sicherheitsgefühl genommen bzw. es wird traumatisiert. Dafür muss es meines Erachtens nicht mal besonders sensibel sein, das ist einfach so. Deshalb sucht in Deinem geschilderten Fall das Kind später auch wieder die Nähe der Mutter. Es muss in Erfahrung bringen, ob es noch sicher ist -zumindest würde ich das so interpretieren. Ich glaube eher, dass ein Kind durch solche Situationen sensibilisiert wird, denn es wird künftig mehr aufpassen müssen, dass es die Eltern nicht wieder so reizt, das Kind will ja auch „überleben“.
Gibt es eigentlich Studien dazu, wie viel Charakter einem Kind genetisch mitgegeben wird? Ich glaube das meiste passiert da in frühester Kindheit.
Ja, das denke ich auch, dass die frühe Kinderheit prägend ist. Weswegen ich mich so dafür einsetze, dass das Kind in den ersten Jahren bei seinen Eltern sein sollte. 😉 Von Studien weiß ich nichts, aber in einem Artikel habe ich folgendes gelesen: Es gibt aus der Wissenschaft und der Psychologie Erkenntnisse darüber, wie viel Charakter ein Kind bereits mit auf die Welt bringt. Der Artikel ist interessant, so dass ich ihn einfach verlinke: http://www.hallo-eltern.de/m_baby/entwicklung-baby-persoenlichkeit.htm
Mein Fazit: Jedes Kind ist anders. Es gibt keine Pauschalisierung. 🙂
Danke dir für den Link. Ich fand die psyche des Menschen schon immer sehr interessant. 🙂