Zu meinem zuletzt veröffentlichten Beitrag „Stell Dir vor, Du hättest pro Kind monatlich 1000 Euro extra…“ gab es viel Zuspruch. Aber wie es so ist, sind die Kritiker niemals weit entfernt. Auf Facebook erhielt ich den ein oder anderen Kommentar, den ich Dir (natürlich anonym) nicht vorenthalten möchte. Für die Beantwortung der Fragen habe ich
zwei Fachleute aus den ÖDP-Reihen gewinnen können, die für uns Stellung zur erhobenen Kritik beziehen.
Unter Umständen ist es sinnvoll, wenn Du zunächst den Beitrag (Verlinkung s.o. unter dem Bild) noch einmal liest, dann fällt es Dir leichter, Dich in die Thematik wieder reinzufinden…
… Dupdidu, schallala, Warteschleifenmusik …
Du bist wieder da? Gut. Dann fangen wir an. 🙂
Kritik 1:
„…dann hätten ja Eltern mit 2 Kindern unter 3 Jahren 2000 € zur freien Verfügung, arbeitende Eltern nicht, die haben nur den Lohn, das sind z.B. im Niedriglohnbereich vielleicht 1000 €, passt irgendwie nicht.“
Reaktionen:
- Warum werden die Kosten von 1000 € für einen Krippenplatz akzeptiert, für Eltern, die die gleiche Leistung erbringen aber nicht? Die Betreuung zweier Kleinkinder ist sicher wesentlich arbeitsintensiver als ein einfacher 38-Stunden-Job mit Mindestlohn (ca 1360 €). Passt also doch.
- Leute, die glauben, dass die Betreuung von 2 Kindern unter drei Jahren keine lohnwerte Arbeit sei, befinden sich argumentativ außerhalb unserer Reichweite. Und was heißt: „…zur freien Verfügung?“ Diese Grundeinstellung ist elternverachtend!
Kritik 2:
…“Könnte aber auch fies in die Hose gehen, das Kinderkriegen mit 1000 € monatlich zu dotieren. Da gäbe es sicherlich viele, die das „hauptberuflich“ machen würden. Und finanzieren müssen es die erwerbstätigen Steuerzahler – die Motivation für den Beruf sinkt damit jedoch. Und sorry – aber wenn einfach alle lieber daheim bei den Kindern bleiben, wer generiert den Topf, aus dem ausgezahlt wird?“
Reaktionen:
- Gegenfrage: Wenn alle nur erwerbstätig sind, wer erzieht dann die Kinder, die später die Renten zahlen sollen?! Schließlich ist die Kindererziehung auch ein “Beruf”, der sogar viel wichtiger ist als die meisten Erwerbstätigkeiten. Ohne Kinder gäbe es weder Renten im Alter noch eine Pflege und Krankenversorgung alter Menschen.
- Wer generiert diesen Topf und den der Rente denn in der nächsten Generation? Die ungeborenen Kinder?
Kritik 3:
…“Und was ist mit dem Bündnis Grundeinkommen? 😉 Zumal selbst die Piraten für finanzielle Unterstützung von Familien sind… Kurzfristig ist das Modell der ÖDP nett, aber langfristig unzureichend. Meine Meinung. 🙂 Einig sind wir aber, dass die Entscheidung, wie lange man selbst auf sein Kind aufpassen möchte, nicht auf Basis finanzieller Gedanken getätigt werden soll.“
Reaktionen:
- Genau! Der Staat hat kein Recht, durch einseitige Finanzierung der Krippenbetreuung, die Eltern zu bevormunden, wie sie sich zu verhalten haben. Wenn Kleinkinder von den Eltern betreut werden, ist das mindestens genauso gut, meist sogar besser, als wenn sie in einer Krippe versorgt werden.
- Ja, genau! Das geschieht aber heute: 1000 € monatlich „kassieren“ Eltern in Form der staatlichen Subvention für einen Krippenplatz, wenn sie ihr Kind abgeben. Auf genau diese 1000 € verzichten selbst betreuende Eltern! Wenn das keine Manipulation pro Fremdbetreuung ist, dann weiß ich nicht! Aber die allermeisten Eltern merken gar nicht, wie sie gegängelt werden!
Kritik 4:
…“Ich hab erst heute mit meiner Angestellten darüber gesprochen dass ich es toll finde, dass die Regierung Ganztagsbetreuungen für Grundschulkinder einführen will, ich es aber wichtiger fände in dieser Phase mehr Zeit für mein Kind zu haben, um Hausaufgaben machen zu können und einfach mitzubekommen, wie die Schule läuft. Ich bin Alleinerziehend und der Satz „Alleinerziehende (meist Mütter) würden damit aus der Abhängigkeit von Hartz IV befreit“ hat mich doch mal schmunzeln lassen. Wenn man grundsätzlich davon ausgeht, dass Alleinerziehende oder Mütter allein am Existenzminimum leben oder grundsätzlich schlecht bezahlte Jobs haben, mögen 1000 Euro ein Segen sein. Aber hat schon mal eine gutverdienende Frau mit entsprechenden finanziellen Verpflichtungen versucht, ein (bzw. 2 Leben) mit 1000 Euro zu finanzieren? Damit wäre gerade die Bankrate für meine Wohnung bezahlt. Und auch für Hartz-beziehende Alleinerziehende wäre das keine Lösung, weil mit Sicherheit angerechnet, und dann fallen Dinge wie Wohngeld zum Beispiel wieder weg. Und am Ende würden sie vermutlich aufs Gleiche rauskommen. Für Alleinerziehende wäre es eine Hilfe, den Unterhaltsanspruch gegen zahlungsunwillige Väter durchzusetzen, die Teilzeitarbeit und Einarbeitungsmöglichkeiten zu flexibilisieren, die gesetzliche Besteuerungen an den Kindern zu orientieren, und nicht daran, ob man verheiratet ist oder nicht oder eben der Ausbau von Betreuungsplätzen gerade zur Grundschulzeit. Der Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss über 72 Monate hinaus ist schon ein Schritt in die richtige Richtung, schade dass er dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Denn eins ist Fakt: wenn man als Alleinerziehende nicht am Existenzminimum leben will, MUSS man arbeiten. Knapp über Hartz 4 zu leben ist m.E. nicht die Lösung und schon gar keine Wahlmöglichkeit. Da wird auf emotionalem Weg eine Gruppe ins Boot geholt, die da sehr wenig von hätte.“
Reaktionen:
- Hier wird übersehen, dass es gerade für Alleinerziehende ein großer Unterschied ist, ob sie 1000 € für ihre Erziehungsarbeit erhalten oder einen ähnlichen Betrag als Hartz IV. Das erste ist Anerkennung einer Leistung, das zweite sind Almosen. Der Unterschied drückt sich schon darin aus, dass bei Hartz IV zunächst auch ein kleines Vermögen aufzuzehren ist, bei Anerkennung der Erziehungsarbeit dagegen nicht. Im Übrigen: Wenn heute eine Alleinerziehende halbtags erwerbstätig ist, bekommt sie meist kein Hartz IV. Bekäme sie die 1000 € für die Kinderbetreuung, kommt das aber zum halben Erwerbslohn dazu.
- Wieviel Prozent der Alleinerziehenden haben das beschriebene „Gutverdienerproblem“? Es ist schwierig, eine Lösung anzubieten, die für alle Fälle passt. Grundsätzlich geht es bei der Idee des Erziehungsgehalts zunächst mal darum, den Eltern, vor allem den Müttern bewusst zu machen, dass sie mit dem Großziehen und Betreuen ihres Kindes kein privates Hobby betreiben, sondern dass sie die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sichern und dass sie da eben eine lohnwerte Arbeit tun. Im Grundgesetz steht, dass die vorrangige Entscheidung darüber, wie und durch wen ein Kinder betreut/erzogen werden soll, allein den Eltern zusteht. Das Elterngeld als auf ein Jahr begrenzter Lohnersatz, sowie die millionenschwere staatliche Subventionierung der Fremdbetreuung ohne entsprechenden Ausgleich für Eltern, die die Betreuung ihres Kindes selbst übernehmen oder anders organisieren wollen, ist ein grundgesetzwidriger Eingriff in dieses Elternrecht. Dazu gibt es sogar entsprechende Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Die aktuellen Bundestagsparteien scheren sich alle nicht daran. Brauchen sie auch nicht, solange die Eltern sich zum Narren halten lassen und selbst meinen, das „nur“ Großziehen eines Kindes sei keine Arbeit! Warum dann oft dieselben Leute für ein Bedingungsloses Grundeinkommen schwärmen, bleibt ihr Geheimnis.
Titelbild: fotolia pusteflower9024